Leichtigkeit, federleicht, wallende Kleider, fließende Bluse – das sind die ersten Begriffe, die mir einfallen, wenn ich an Chiffon denke. Aber Chiffon nähen? Davor hatte ich lange Zeit wirklich sehr viel Respekt! Bis mir inspiriert von Pinterest und einigen Städtebummeln dann eine Idee für ein neues Kleid aus meinem Schnitt PAOLA kam. Warum wieder zu schlecht genähter und schlecht sitzender Fast Fashion greifen, wenn das perfekte Traumkleid doch so nahe liegt.
In diesem Beitrag möchte ich nun heute mit dir meine Erfahrungen zum Chiffon nähen teilen.
Pssst! Am Ende des Beitrages findest du einen super Tipp zum Abnäher nähen bei feinen Stoffen. Nie mehr Knuppel, nie mehr Tüten! Es lohnt sich also bis zum Ende dranzubleiben 🙂 .
Bei meiner PAOLA habe ich übrigens einen kleinen Patternhack angewandt und habe die Rüschenstufen als aufgesetzte Rüschen genäht. Wie das funktioniert, zeige ich dir HIER in meinem Blogbeitrag inkl. Video-Tutorial.
Was ist Chiffon?
Chiffon kann aus Seide aber auch aus Chemiefaser bestehen. Die meisten Kleider, die du in den Läden findest werden aus einer deutliche günstigeren Chemiefaser bestehen. Dennoch haben aber auch die Chiffons aus Chemiefaser oftmals die typische, leicht körnige Oberfläche. Ein weiteres typisches Merkmal von Chiffon ist, dass er je nach Farbe und Muster teilweise leicht bis sehr transparent sein kann. Viele Kleider und Oberteile, werden deshalb oftmals noch unterfüttert oder der Chiffon wird doppellaig (entweder mit Chiffon oder einem leichten Futterstoff) vernäht.
Pflege von Chiffon
Einen Chiffon aus reiner Seide solltest du am besten in die Reinigung bringen. Chiffon aus Chemiefaser kann im Normalfall im Schongang in der Waschmaschine und Feinwaschmittel oder per Hand gewaschen werden.
Chiffon kräuselt sich, wenn er mit Wasser in Berührung kommt. Deshalb solltest du beim Bügeln mit einem Dampfbügeleisen den Dampf entweder ausstellen oder den Wassertank vor dem Bügeln entleeren. Achte außerdem beim Bügeln darauf, dass die Bügelfläche deines Bügeleisens frei von Kratzern und/oder Unebenheiten ist. Es kann sonst schnell passieren, dass du dir einen Faden in deinem feinen Chiffon ziehst.
Verwende zum Bügeln außerdem eine niedrige Temperatur, wie du sie auch für Seide verwenden würdest. Du kannst auch gerne ein Seidenpapier zwischen deinen Chiffon und dem Bügeleisen legen um auf Nummer sicher beim Bügeln zu gehen.
Das Smoken mit einem Elastiknähfaden erkläre ich dir unter anderem auch HIER in meinem Blogbeitrag inkl. Video-Tutorial. Mit dieser Technik kannst super Effekte wie bei meinem Kleid PAOLA erzielen.
Chiffon zuschneiden
Chiffon gehört, ähnlich wie auch Viskose, definitiv zu der Kategorie “FLUTSCHIGE STOFFE” (meine 12 Tipps zum Viskose verarbeiten findest du hier). Viele Tipps & Tricks ähneln deshalb den Tipps, die ich auch schon zum Vernähen von Viskose gegeben haben.
Wie bei allen Stoffen ist der Zuschnitt oftmals das A und O. Bei flutschigen Stoffen, wie Chiffon, ist es besonders wichtig, dass du lieber etwas mehr Geduld beim Zuschnitt mitbringst und hier wirklich ordentlich arbeitest.
Nur feine und intakte Stecknadeln verwenden. Verwende bei Chiffon bitte nur sehr feine Stecknadeln, die eine intakte Spitze haben um deine Schnittteile auf deinen Stoff zu befestigen. Stecke die Stecknadeln am besten auch immer innerhalb der Nahtzugabe fest. Falls doch kleine Löcher entstehen sollten, verschwinden diese später beim Nähen in der Nahtzugabe und sind nicht mehr auf deinem Kleidungsstück sichtbar.
Stoff beschweren. Zusätzlich zu den Stecknadeln oder generell solltest du deine Schnittteile auf dem Stoff noch beschweren. Entweder benutzt du Nähgewichte oder falls du keine hast, kannst du auch einfach schwere Kaffeetassen verwenden. Noch einfacher klappt das beschweren vor allem bei großen Schnittteilen, wenn du zunächst ein Patchworklineal auf das Schnittteil legst und auf dieses dann deine Gewichte stellst.
Schnittteile festkleben. Manche raten auch dazu die Schnittteile mit schmalen Klebestreifen festzukleben. Ich habe dies selbst auch mal mit meinem Washi-Tape versucht und das hat bei einigen Schnittteilen auch super funktioniert. Ansonsten könntest du es auch noch mit auswaschbaren Sprühkleber, extra für Stoffe, versuchen. Das habe ich aber selbst noch nicht getestet.
Rollschneider mit Schneideunterlage verwenden. Falls du einen Rollschneider mit entsprechender Schneideunterlage besitzt solltest du kleinere Stoffteile in jedem Fall mit deinem Rollschneider zuschneiden. Durch den Rollschneider musst du deinen Stoff nämlich so gut wie nicht bewegen oder gar anheben und vermeidest somit, dass sich etwas verziehen kann.
Baumwolltuch oder Bettwäsche als Unterlage verwenden. Falls du nun keinen Rollschneider besitzt oder größere Schnittteile nicht mit dem Rollschneider zuschneiden kannst und die Schere benutzten musst, solltest du dies bitte nicht auf einem rutschigen Untergrund machen. Falls du einen kurzfloorigen Teppich zu Hause hast, lege dort deinen Chiffon aus und schneide deine Schnittteile darauf zu. Falls du keinen Teppich hast, kannst du ein großes Leinentuch oder Bettwäsche als Untergrund benutzten. Hauptsache es “flutscht” nichts :).
Kleine Schnitte machen & Stoff wenig anheben. Beim Zuschnitt mit der Schere solltest du außerdem darauf achten, dass du nur kleine Schnitte machst und deinen Stoff nicht zu sehr anheben muss. Führe deine Schere also direkt an deinem Untergrund entlang.
Nicht im Stoffbruch zuschneiden. Gerade bei Stoffen mit Streifen oder Mustern die gerade laufen sollen, solltest du die Schnittteile nicht im Stoffbruch zuschneiden. Das trifft auch zu, falls dein Chiffon besonders flutschig ist und du ihn so gar nicht gebändigt bekommst. Der Stoff kann sich sonst nämlich leicht so sehr verziehen, dass du am Ende ein schräges Muster und dadurch einen schrägen Rücken bei deinem Kleidungsstück hast. Pause Schnittteile, die du nur im Stoffbruch besitzt entweder noch einmal aus Kopier/Seidenpapier ab und kleben sie in der Mitte zu einem kompletten Schnittteil zusammen um sie zuzuschneiden oder zeichne dir die erste Hälfte des Schnittteils mit Trickmarker oder Kreide auf deinen Chiffon an und lege es dann noch einmal am Bruch spiegelverkehrt auf deinen Stoff auf.
Abnäher & Umbruchlinien durchheften. Abnäher und Umbruchlinien oder andere Markierungen, die direkt im Schnittmuster liegen solltest du besser nicht Kreide oder Trickmarker durchzeichnen. Da Chiffon oftmals transparent ist scheinen deinen Markierungen auf die rechte Stoffseite durch und nicht alle Markierungen lassen sich wieder rückstandslos von Chiffon entfernen. Test also vorher an einem Probestück, ob du deinen Chiffon wieder von den Markierungen befreit bekommst. Falls nicht, nimm dir eine feine Nadel und ein feines Nähgarn in einer Kontrastfarbe zu deinem Stoff und ziehe die Markierungen mit großen Stichen so auf die rechte Stoffseite durch.
Chiffon nähen
Feine Nähnadel verwenden. Bevor du nun mit dem Chiffon nähen startest, solltest du noch die richtige Nähnadel einsetzen. Verwende am besten eine feine Microtexnadel in der Stärke 60 – 70. Je feiner dein Chiffon ist, desto feiner sollte auch deine Nähnadel sein. Falls du keine neue Nähnadel verwendest prüfe vorher, ob deine Nadelspitze noch intakt ist indem du mit deinem Daumen einmal vorsichtig über die Spitze deiner Nadel fährst. Falls du einen kleinen Widerhaken spürst, solltest du deine Nadel besser austauschen, da sich sonst unschöne Fäden beim Nähen ziehen könnten.
Feines Garn verwenden. Bei einem feinen Stoff wie Chiffon, solltest du natürlich nicht nur feine Nähnadeln, sondern auch ein feines, hochwertiges Nähgarn verwenden. Ein Nähgarn mit kleinen Knuppeln solltest du sofort aussortieren. Maschinenstickgarn eignet sich auch super um Chiffon zu nähen. Ich kommte aber auch immer super mit meinen Allesnäher von Gütermann klar.
Stecknadeln quer zur Naht stecken. Beim Zusammenstecken der Schnittteile solltest du deine feinen Stecknadeln immer quer zur Naht stecken. So vermeidest du, dass sich dein Stoff in die Länge verziehen kann. Natürlich kannst du auch Stoffklammern verwenden, wenn du lieber mit diesen arbeitest. Gerade an kleinen, frimmeligen Stellen, bei denen exaktes Arbeiten notwendig ist, arbeite ich persönlich aber lieber mit meinen feinen Stecknadeln.
Ggf. Fadenspannung lockern & kleine Stichlänge verwenden. Hier kommt es allgemein immer auf deine Nähmaschine etwas an, mit welcher Fadenspannung und welcher Stichlänge du das Beste Ergebnis erzielst. Ein Blick in die Anleitung deiner Nähmaschine ist hier in jedem Fall immer hilfreich. Dein Hersteller weiß schließlich am Besten mit welchen Einstellungen du auf welchem Stoff die besten Ergebnisse erzielst. Mir hilft es oftmals, wenn ich meine Oberfadenspannung etwas lockere und mit einer Stichlänge von ca. 2 nähe. Dadurch erreiche ich auch bei feinen Stoffen eine schöne glatte Naht.
Stichplatte wechseln / Seidenpapier unterlegen. Feine Stoffe werden oftmals von der Nähmaschine “gefressen”. Damit das bei Chiffon möglichst vermieden wird, solltest du, falls möglich, deine Stichplatte wechseln. Manche Nähmaschine haben noch eine weitere Stichplatte in ihrem Zubehör dabei, bei dem die Einstichfläche etwas kleiner ist. Außerdem kann es helfen, wenn du dir etwas Seidenpapier unter deinen Chiffon während des Nähen legst, So gleitet er besser und auch das “fressen” durch die Nähmaschine kann verhindert werden. Nach dem Nähen kannst du das Seidenpapier einfach wieder vorsichtig von deinem Stoff reißen.
Nie direkt an der Nahtzugabenkante beginnen. Eine weitere Möglichkeit, das “Fressen” der Nähmaschine auf ein Minimum zu reduzieren ist, wenn du beim Nähen nie direkt an der Kante deiner Nahtzugabe beginnst. Beginnge mit deiner Naht immer 3-5mm innerhalb der Stoffkante. Ziehe dabei noch vorsichtig deinen Ober- und Unterfaden etwas nach hinten. So dürfte dein Chiffon in keinem Fall von der Nähmaschine gefressen werden.
Versäubern von Chiffon. Am einfachsten versäuberst du deinen Chiffon mit der Overlock (ich nähe wie ihr wisst hier mit meiner babylock enlighten :)). Die feinere Variante wäre eine französische Naht. Falls du keine Overlock besitzt und keine französischen Nähte nähen magst, kannst du deinen Chiffon auch mit einem Zick-Zack-Stich versäubern. Nähe dafür knapp neben der Nahtzugabenkante, so dass die Nadel jeweils nur einmal beim Zick-Zack in deinem Stoff einsticht. Das andere Mal sticht sie daneben (ich hoffe, du verstehst was ich meine 🙂 ). Die Fäden die anschließend noch etwas abstehen schneidest du einfach vorsichtig mit einer Fadenschere ab.
Säumen von Chiffon. Auch das Säumen von Chiffon funktioniert natürlich am einfachsten mit der Overlock und einem Rollsaum. Aber auch mit der Nähmaschine kannst du deinen Chiffon einfach säumen. Dafür nähst du ähnlich wie beim Versäubern mit einem Zick-Zack-Stich und kurzer Stichlänge (1.5 – 2) wieder an der Saumkante deines Chiffons. Wieder sticht die Nadel nur einmal beim Zick-Zack in deinen Stoff ein. Anschließend schneidest du die noch überstehenden Fäden wieder vorsichtig mit deiner Fadenschere ab.
Chiffon nähen – Abnäher nähen
Hier folgt jetzt noch ein kleiner Profitipp, auf den ich bei meiner Recherche ebenfalls gestoßen bin. Es geht um das korrekte Nähen von Abähern. Normalerweise werden Abnäher immer zur Spitze hin genäht. Die Spitze wird dabei auslaufend genäht und die Enden an der Spitze nicht mit der Nähmaschine verriegelt. Man lässt die Fäden etwas länger überstehen und verknotet die Enden vorsichtig mit der Hand. Anschließend kürzt man die Fäden bis knapp zum Knoten. Dadurch soll vermieden werden, dass eine Tüte an der Abnäherspitze entsteht oder gar ein fieser Knuppel durch das Verriegeln der Naht.
Da Chiffon jedoch ein sehr feiner Stoff ist und sogar ein kleiner Knoten als ein Knuppel wahrgenommen werden kann, bin ich auf die folgende Technik gestoßen. Spule deine Unterfadenspule ganz normal auf und entferne dann deinen Oberfaden. Setz dann deine Unterfadenspule ein und hol den Faden ganz normal nach oben. Nun fädelst du deinen Unterfaden rückwärts ab der Nadel wie deinen Oberfaden ein. Du benötigst oben so viel Garn, wie dein Abnäher lang ist. Du kannst den Faden oben auch erneut auf eine Spule aufwickeln und dann einfach auf deinen Garnroller stecken.
Nun nähst du deinen Abnäher von der Spitze ausgehend. Da du nur mit einem Faden nähst musst du am Anfang deiner Spitze weder verknoten noch verriegeln und vermeidest somit einen Knuppel. Probiere die Technik gerne mal aus, du wirst begeistert sein. Ich werde sie sicherlich auch immer wieder bei meinen nächsten Viskoseprojekten anwenden.
Ich hoffe, dass ich dir mit meinen Tipps & Tricks zum Chiffon nähen nun etwas die Angst vor diesem flutschigen Stoff nehmen konnte. Wie immer ist es einfach nur eine Sache der Übung. Und mal ehrlich – die Zeit, die man beim Zuschnitt investieren muss, sind die wunderschöne Ergebnisse aus diesem Stoff wirklich wert!
Falls du nun auch auf dem Geschmack gekommen bist und auf der Suche nach einem passenden Chiffon für dein nächstes La Bavarese Projekt bist, dann schau gerne einmal in meiner Rubrik “Shop my fabric” vorbei. Dort sammle ich für dich die schönste Stoffe für dein nächstes, perfektes Kleidungsstück.
Lass mich gerne wissen, falls du noch weiter Tipps zum Nähen mit Chiffon auf Lager hast!
Liebste Grüße
Deine Anja
Ich habe tatsächlich gelesen das das feinste Schmiergelpapier bei sehr dünnen und allen flutschigen Stoffen helfen soll beim Nähen und Zuschnitt das nichts verruscht. Einfach einen Streifen schneiden, umklappen und dann zwischen den Stoff legen. Gehört bei Inge von inges_naehakademie bei Instagram ;-). Werde ich die Tage mal testen. Und danke für deine Tipps 🙂
Hallo Julia, oh ja stimmt, das habe ich auch schon mal gehört! Bislang aber noch nicht getestet! Bin gespannt was du berichtest!! LG Anja
Oh liebe Anja,
ich danke dir für diesen tollen, umfassenden und super erklärten Beitrag! Da is ja wirklich alles drin!
Der bringt mich ehrlich weiter, ohne ewig im Netz zu suchen, Foren zu wälzen und diverse Youtube-Kanäle zu durchforsten.
Jetzt trau mich an unsere Tellerröcke und das lang geplante Blusenkleid.
DANKESCHÖN ♡
Annemarie